Ich sitze im Auto. In meinem eigenen Auto. Fenster runter. Musik laut. Lauwarmer, erfrischender Frühsommerabendwind saust durch die Haare. Bibi und Tina dröhnen aus dem Auto. Meine Tochter mit kurzen, knallrot gefärbten Haaren nickt im Takt der Musik und kommt sich selber extrem cool vor. Zurecht. Heute im Spielzeugladen wurde sie auf ganze neun Jahre geschätzt, dabei ist sie sieben. Sie ist noch immer stolz wie Bolle.
Bibi und Tina nehmen Fahrt auf. Mehrere Menschen auf dem Zebrastreifen lächeln uns an. Meine Hände am Lenker schlagen im Takt. Auch wenn ich mir manchmal alt vorkomme, wenn ich’s nicht mehr mitbekomme, warum man heutzutage Knuschis sammelt und wie man ein Herz nur mit den Fingerspitzen zeigt – in diesem Moment sind wir sehr verbunden auf dieser Kreuzung und verlieren uns gemeinsam in dem Lied. Der Rhythmus ist auch wirklich cool. Wer hätte gedacht, dass mich ein Kinderlied auch so mitreißen kann?
Wir fahren wieder los. Ein kurzer, heftiger Windstoß, und mein Kopf springt auf einmal siebzehn Jahre zurück. Da ist es wieder. Dieses Gefühl des lauwarmen Windes.
Im Oldtimer-Auto. Dach runter. Musik laut. The Beatles. Lauwarmer, erfrischender Frühsommerabendwind saust durch die Haare. Ausnahmsweise ein schöner Tag, fünfzig Kilometer von London entfernt. Mein Sprachfamilienpapa fährt mich nach Hause. Dort, wo im Keller unzählige Gitarren lagern.
Er war Gitarrist bei den Rolling Stones. Als sie gerade angefangen haben, Musik zu machen. Er war gut. Wirklich gut. Er ist es immer noch. Seine Mutter sagte ihm aber damals, er solle was Gescheites mit seinem Leben anstellen. Also war er raus. Kurz darauf… naja, wir wissen alle, was kurz darauf passierte.
Er ist nicht geknickt, als er darüber erzählt. Er spielt in einer kleinen Band, irgendwas mit „Dads“, glaub ich. Er mag die Wärme der Familie und sein gemütliches Zuhause; er mag’s, dass im Sommer das Haus voll Austauschschüler ist. Wir teilen die Liebe zu den Beatles.
Paar Tage später wird er mich nach Liverpool fahren, wo ich in einem kleinen Pub, wo die Beatles ebenso klein angefangen haben, Hey Jude auf der Bühne singen werde. Einfach so. Aus Eigeninitiative gehe ich auf diese kleine, leere Bühne und frage, ob’s ginge. Ich singe nicht besonders gut, aber so, dass es noch nicht peinlich ist. Leute beklatschen meinen Mut, als ich fertig bin. Ich habe dieses Faible: Wenn schon, dann alles mitnehmen. Leben auf laut gedreht.
So bin ich immer noch. Lieber etwas tun und es bereuen, als es nicht zu tun und dieses dann umso mehr zu bereuen. Ich glaub nicht, dass mich ein mittelmäßiges Facebook-Zitat gebissen hat. Das ist einfach der Nadel im Arsch geschuldet.
Let it be.
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