Es geht mittlerweile nicht mehr darum, dass Werbung noch perfekter auf mich zugeschnitten wird.
Bitte nicht noch personalisierter, nicht noch pseudo-individueller.
Ich rede nicht mal davon, dass mir ein überflüssiges Produkt noch wochenlang in verschiedensten Variationen nachhängt, nur weil ich es einmal gegoogelt habe.
Oder dass ich mit jemandem rede, das Handy dabei auf dem Tisch liegt, und dann plötzlich die Werbung unser Gespräch belauscht zu haben scheint.
Ich rede davon, dass mir Dinge angezeigt werden, die ich noch nicht mal gesucht oder gesagt habe – sondern nur gedacht. Dass mir Bill Gates irgendwas direkt ins Hirn eingepflanzt hat, ist natürlich Unsinn. Aber der Algorithmus scheint anhand meiner Daten schneller zu verstehen, was ich als Nächstes brauchen werde, als ich selbst. Und diese Empfehlung, die mir vorauseilt, macht mich stutzig. Warum wusste der Algorithmus vor mir Bescheid? Wurde ich in die Entscheidung hineinmanipuliert?
Vielen meiner Freunde geht es ähnlich. Ich glaube, wir gehen – wenn nicht jetzt schon, dann bald – zehn Schritte zurück, weil wir hundert vorgeprescht sind. Weil wir zu schnell Algorithmen erfunden haben, die sich am Hyperkapitalismus nährend, uns in unserer Entscheidungsfreiheit vorausgeeilt sind.
Wir gehen zurück. Zurück zur Mundpropaganda. Zurück zu echten Empfehlungen. Weil wir diese Dauerbeschallung einfach satt haben. Weil wir nicht noch einen Newsletter im überfüllten Postfach brauchen – auch nicht für einen 5-Euro-Rabattcode. Weil wir entscheiden möchten.
Webseiten und vor allem Onlineshops sollten sich langsam an Restaurants orientieren. An den kleinen, unscheinbaren Läden, die man betritt, weil eine Freundin erzählt hat, dass es dort die beste Pizza gibt. Egal, wie unauffällig das Straßenschild ist – drinnen wird es ziemlich sicher voll sein.
Aber selbst das schönste und leckerste Restaurant würde mich vergraulen, wenn davor ein schreiender Kellner mit Menüs wedeln würde.
Wenn er dann noch als Maskottchen verkleidet wäre, würde ich die Straßenseite wechseln.
Bitte, seid keine digitalen Maskottchen.
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