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Biografien anderer

Ich bin ein großer Biografienfan. Ich habe alle Bücher von Walter Isaacson verschlungen; von Da Vinci, über Einstein bis hin zu Jobs und Musk. Das sind großartige Geschichten voller Rückschläge und Aufstiege. So richtige Achterbahnfahrten. Was mich aber bei all den Geschichten beeindruckt hatte, war die Lebenslust der Protagonisten, die dem ganzen zugrunde lag. 

 

Und doch liegt diese Lust auch im Kleinen. Kann man Autobiografisches veröffentlichen, wenn man gerade erst dreißig wurde und noch nichts Weltbewegendes geschafft hat? - habe ich eine Freundin gefragt. Wird es jemand lesen wollen? Die Frage sollst du dir nicht stellen, schreib's einfach, schreib's für dich. Außerdem hast du eine Einwanderinperspektive, das könnte für die Menschen hier interessant sein. Gut, ich hab‘s mir nicht ausgesucht, nehme aber diesen Ausländerbonus jetzt einfach mal hin, auch wenn ich all die Jahre versucht habe, so deutsch wie nur möglich zu sein. 

 

Meine Tochter dagegen ist regelrecht beleidigt, wenn man sie nur auf eine Facette ihres multikulturellen Seins reduziert; sie sagt, sie sei halb russisch, halb portugiesisch und halb deutsch, auch wenn diese Gleichung in der eindimensionalen irdischen Mathematik nicht ganz aufgeht.

Gestern sagte sie, sie sei alles und nichts davon. Ein Mensch der Welt? - hab ich nachgeholfen, hoffentlich.

Sie überlegte. Ja, das klingt auch nicht schlecht. Ich verbuche es mal als ein Kompliment.

 

Meine Eltern schickten mich damals mit 16 alleine nach Deutschland, damit ich ein Mensch der Welt werde, so wortwörtlich haben sie mir das auch damals gesagt. Ich war noch nicht soweit, aber mit der nächsten Generation wurde es zu Realität. Meine Tochter ist mit jeder Pore ihres Daseins ein Mensch der Welt. Was wird sie wohl später zu erzählen haben?

 

Ich glaube jedenfalls, jeder von uns hat viel zu erzählen; jede Lebensgeschichte hat ein Buch verdient. Wir kämpfen jeden Tag Kämpfe, die keiner sieht. Erleben Lustiges, Trauriges, Erstaunliches. Sehen die Welt um uns herum aus unserer einzigartigen Perspektive. 

 

Mit dem Abschied aus sozialen Medien, der mir übrigens viel Zeit für diesen Blog freischaufelte, habe ich gemerkt, dass wir unsere täglichen Gefühle und Erlebnisse weniger portionieren müssen. Wer jeden Tag ein Stückchen Seele an Meta vergeudet, kommt irgendwann in eine Gefühlsdispo, die nicht mehr aufzuholen ist. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Rabenfinsterbier (Freitag, 28 Februar 2025 08:33)

    Eigentlich nichts*.♧◇♡♤¥¿