Ich bin in den letzten Wochen ein paar Jahre jünger geworden. Jedenfalls für die Außenstehenden; für die Kassiererin beim Lotto, die mich nach meinem Ausweis gefragt hat (den ich natürlich nicht dabei hatte), und für die Tierärztin, die mich an der Haustür ernsthaft gefragt hat, ob noch ein Erwachsener zu Hause ist. Meine Tochter fand das natürlich herrlich und hat mich direkt auf den Boden der Tatsachen geholt. Was, die? Ne, die ist schon alt, die ist schon dreißig. Und das liegt ziemlich sicher nicht an weniger Runzel- oder Lachfalten, und auch nicht an der neuen Frisur;
Davor stand die Welt einfach kurz Kopf. Ich habe eine langjährige Kundin verloren, eine, mit der ich fest gerechnet hatte, die meine Tage strukturiert hat, die Teil meiner finanziellen Sicherheit war. Gleichzeitig sind wir umgezogen, ein Haus, viele neue Rechnungen die das Bankkonto täglich überfluten, und das Geld wie eine Welle daraus wegspülen; nun ja, das ganze ist daher eine neue Art der Verantwortung. Und plötzlich war da diese Panik. Die typische erste pawlowhündische Reaktion, wenn das Leben unerwartet die Karten neu mischt.
Ich habe mich auf alles beworben, was ging. Über Tausende Mails gingen raus, wobei ich einmal meine BCC-Liste in CC gesetzt habe, was mir noch immer unangenehm kribbelt. Und doch: Innerhalb einer Woche hatte ich neue Projekte, neue Kunden, neue Aufgaben, die mich herausfordern, aber auch beleben. Es sind so viele neue Menschen um mich herum, neue Impulse, Gedanken, Richtungen. Ich arbeite jetzt mehr und bin ständig im Machmodus, aber die Energie hat sich komplett verändert. Es ist selbst am Abend eine andere Art von Müde, eine, die nicht erschöpft, sondern wieder antreibt. Und ich merke, wie ich mich selbst dabei beobachte: Ich folge genau meinem Motto, das ich leider immer wieder vergesse. Spring, und das Netz wird sich auftun!
Ich bin zwar nicht selber gesprungen, eher geschubst worden, doch das Netz war trotzdem da. Vielleicht muss ich öfter selber springen, nicht auf das Leben warten, bis es mich anschubst, denn das ist der eigentliche Trick – die Dinge loszulassen, um Platz für Neues zu schaffen. Platz für Herausforderungen, für Bewegung, für dieses Gefühl, dass man nicht auf Autopilot läuft, sondern wirklich lebt. Die Welt muss manchmal kurz Kopf stehen, damit man sich selbst wieder spürt. Damit man merkt, dass man atmet. Und vielleicht sieht man dann plötzlich auch jünger aus.
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