- Gedanken in Arbeit, die aber schonmal raus wollten -
Heute leben wir alle unter dem Aberglauben, dass nur der Mensch gut sein Handwerk beherrscht, der ausschließlich diesem verpflichtet ist. So ein Quatsch. Wir müssen uns alle dringend unbubbeln. Ein Politiker, der seit Generationen nur in der Politik ist und Politik für Politiker und für Bundestag macht und Reden schwingt, hat jeden Bezug zur Realität verloren.
Ein Mensch, der bereits im Business unterwegs war und nah am Leben gelebt hat, versteht, was funktionieren kann und was nicht. In der Bubble hat man nur die Vorstellungen von ebendieser Bubble: Wie man das immer schon gemacht hat und man deshalb so auch weitermachen soll, weil man in der Bubble, egal von welcher Seite, von rechts oder links, trotzdem in einer Konvention lebt, dass sich das so gehört.
Das ist in jeder Hinsicht problematisch. In der Kunst gibt es den Aberglauben, dass man nur dann Künstler ist, vollständiger, richtiger Künstler ist, wenn man ausschließlich von der Kunst leben kann. Weil man es dann geschafft hat. Aus meinem Leben kann ich berichten, ich habe lange durch die Kunst und mit der Kunst gelebt, vor allem aber durch die Kunst. Und das ging. Ich konnte meine Miete zahlen.
Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ich mich verrenne, dass meine Leidenschaft zum Beruf geworden ist und die Endung -ung hinter dem Beruf sich langsam aber sicher in Bürokratie und Konventionen auflöste. Und das ist das Gefährlichste. Wenn man in der eigenen Bubble lebt, dann will man das oder nicht, egal wie immer reflektiert man ist, denkt man trotzdem nur in den Dimensionen, die einen umgeben.
Das ist ja auch natürlich. Letztendlich denken wir auch in drei Dimensionen, weil unsere Welt dreidimensional ist. Die vierte Dimension, die können wir uns nur vorstellen als eine mathematische Theorie. Und dasselbe ist es mit dem Leben. Eine Perspektive von außen stellen wir uns wie eine mathematische Theorie vor, und behandeln sie als solche, auch in unserer Kunst.
Und das wird irgendwann nicht mehr lebensnah. Ich kann alleine jetzt schon sagen, jetzt ist’s ein Jahr, dass ich kein Theater mache. Und ich glaube, jede Inszenierung, wenn ich sie jetzt machen würde, was ich aktuell nicht möchte, aber wenn ich ich sie jetzt machen würde, dann wäre sie viel besser gewesen als jede einzelne Inszenierung, die ich bisher gemacht habe. Weil ich ein Jahr richtig gelebt habe, abseits vom Theater, und gesehen habe, was das Leben ist.
Ich meine, wir wollen ja vom Theater aus Geschichten für die Menschen erzählen, die leben. Aber wir sehen dieses Leben nicht, wir leben ein eigenes Leben in einer eigenen Bubble mit eigenen Konventionen, die nichts mehr zu tun haben mit dem realen Leben.
Es ist, als würde man eine 2D-Figur in eine 3D-Welt hineinschmeißen, und sie sich am Anfang in alle Richtungen umblicken würde, sie bliebe trotzdem zweidimnsional, ohne die 3D-Substanz in den Zwischenräumen aufzubauen.
Und ich merke wirklich, seitdem ich aus dem Theater raus bin, beginnt diese Substanz in mir zu wachsen, diese Zwischenraumsubstanz zwischen den Rollen, zwischen den Richtungen.
Man kann sich das so vorstellen, dass eine 2D-Figur in irgendeine Richtung blickt und selber erst ganz schmal ist, dass sie nicht die Umgebung spürt, die Umgebung nicht richtig wahrnimmt, sie hat nur Blick nach vorne und dann wenn man diese Figur mal kurz in einer 3D-Welt leben lässt, dann beginnt diese Figur sich erstmal zu drehen, und in diesen Drehungen nimmt sie die Zwischenräume wahr.
Je mehr diese Figur sich dreht, desto mehr verschwimmen diese Zwischenräume und wachsen dadurch zu festen Strukturen zusammen. Dann wird diese Figur dreidimensional.
Und ich glaube, wir müssen als Menschen diesen Weg beschreiten, und ich bin so froh Erlebnisse aller Art gemacht zu haben, weil ich glaube, dass diese Dreidimensionalität uns ausmacht. Sie füllt auch Räume, die wir in uns gerne füllen möchten aber ohne neue Erfahrungen nicht dazu imstande sind.
Vielleicht kann man sogar sagen, dass ein junger Mensch sehr schmal ist und dann mit den Jahren langsam an Substanz gewinnt, wenn er sich denn genug dreht. Wenn der Mensch aber starr nur in eine Richtung blickt, dann bleibt er schmal das ganze Leben lang.
Es ist auch wichtig, dass man genug Umdrehungen macht, dass man sich nicht nur kurz in eine Richtung dreht und dann wieder zurück, weil dann dieser Zwischenraum nicht oft genug gegangen wird, und unausgefühlt bleibt; wie wenn man mit einer Panoramafunktion ein Foto macht, muss man ja nur langsam mit der Kamera streifen, damit die Umgebung genau aufgezeichnet wird. Sonst ist das einfach nur ein verschwommenes Bild, und scharfgestochen wird es nur da sein, wo man sowieso schon schmal ist, wo man sowieso in dieselbe Richtung nach vorne blickt.
Deswegen sind die tiefen Erfahrungen aller Art wichtig, weil man, indem man lebt, sich dreht und sich auch immer wieder zurückdreht auf dieselben Spuren. Und da ist dann wieder diese Ball-Metapher, die ich schon zu den Diskursen entworfen habe, vielleicht kann man das übertragen, dieses Sich-Drehen, auch auf die Diskurse, die sich drehen, und in denen man sich dreht, oder aber sehr lange an einer Stelle verharrt und nur an diese Denksrichtung glaubt, und es dann auch nicht hilft, wenn man sich direkt wieder umkehrt, sich dreht; also, wenn man jetzt zum Beispiel ganz lange links unterwegs war und jetzt direkt zu rechts wechseln würde, dann hätte man nichts an Substanz gewonnen, weil man sich einfach schnell umgedreht hat und wieder so flach und schmal ist wie zuvor. Und diese Ambiguität, nach der wir suchen, kommt erst, wenn man den Weg mehrmals gegangen ist, und langsam gegangen ist.
Das ist wie bei den Muskeln. Ich gehe gerade in ein Fitnessstudio, wo wir E- Gym-Maschinen haben, die dich dazu bringen, dass du mit deinen Muskeln nur langsam die Wege gehst und das macht viel mehr aus, als schnelle Wiederholungen, es baut Muskeln auf, es baut eben auch Substanz auf, nach innen und nach außen und das ist dasselbe mit der Dreidimensionalität: Du musst die Bewegung oft, langsam und bedacht wiederholen, wenn du sie schnell machst, bringt das gar nichts.
Sport ist übrigens wiederum nochmal eine zusätzliche Perspektive. Warum? Weil ich eben zusätzlich zum Rest meines Lebens Sport mache, regelmäßig, und mich mittlerweile ein bisschen darin auskenne, wöchentlich andere Leute sehe, wie sie Sport machen, und lerne dazu. Und es ist nochmal eine Perspektive auf das Leben, die da aufgeht, und damit auch noch eine Möglichkeit zu assoziieren.
Außerdem merke ich, dass ich gerade erst mit Dreißig in manchen Dingen richtig aufwache und sie begreife.
Ich glaube, das ist die beste Metapher für das Älterwerden: dreidimensionaler werden.
Mein Mann sagt manchmal zu mir, ich hätte keinen Kern, weil ich mich viel zu oft um 180 Grad drehe. Jetzt kann ich dem entgegnen, dass ich meinen Kern erst in der Drehung überhaupt finde, wo er sich befindet, weil ich mich wie ein Kreisel um die Achse drehe und mich dabei auch auf dem Brett des Lebens bewege, indem ich mich sowohl um die Achse drehe und dreidimensional werde, als auch mich in diesem Drehen seitwärts, vorwärts und rückwärts bewege. Und so werde ich ich. So positioniere ich mich in der Welt. So finde ich heraus, wo meine Mitte ist, wo diese Drehkraft herauskommt.
Dann finde ich nämlich erst, was ich wirklich bin. Sonst halte ich mich mit Kraft in einem aufgehängten Zustand, also ich halte diesen Kreisel auf, der sich eigentlich immer weiter drehen möchte. Das kostet unfassbar viel Kraft. Als würde ich den Uhrzeiger auf irgendeine Uhrzeit stellen, die Uhr anmachen und nicht wollen, dass sie weiter tickt. So ähnlich stelle ich mich auf, wie so eine Figur auf dem Brett des Lebens, in genau diese eine Richtung und möchte nur noch dahin. Und wenn ich aber in diesem Moment, wo ich mich aufgerichtet habe und dahingeschaut habe, drehen würde, würde ich sehen, was ich noch alles machen könnte und möchte, und wenn ich mich dann doch für die Richtung entscheide, wo ich mich ursprünglich hingestellt habe, als für meinen Weg, dann ist es trotzdem besser, dass ich mich davor gedreht habe. Denn dann erst entscheide ich mich wirklich.
Weil erstens festige ich diese meine Richtung, weil ich auch im Drehen dort immer auch kurz anhalte, weil es mich anzieht, aber trotzdem Substanz gewinne, indem ich mich immer weiter drehe.
Die Menschheit hat sich entfremdet. Wir sind sehr alle zu Spezialisten mutiert, und das wird als eine gute Eigenschaft hervorgehoben. Und das ist aber falsch, weil wir mittlerweile eine KI haben, mit der man E-Mails schreiben kann, Artikel korrektur lesen kann, Bilder erstellen, Kalorien rechnen; mit der man alles machen kann. Und wir merken aber, das größte Problem der KI ist, dass sie flach ist.
Also wenn man die Texte von chat GPT beschreiben müsste: die sind eben flach, die sind banal. Und diese Banalität holt uns ein, wenn wir immer mehr mit Maschinen interagieren. Wir werden auch selber zu Maschinen. Und wenn wir selber zu Maschinen werden, sind im im Teufelskreis, aus dem man nicht so leicht wieder rauskommt.
Wir wollen eine KI-Super-Intelligenz, aber woraus soll sie denn wachsen, wenn wir eine zweidimensionale Welt für richtig halten. Jede Menschengruppe, jede Bubble hat ihre zweidimensionale Welt und blickt in eine Richtung, ganz scharf nur dahin, und sieht nicht mal die kleinen Schritte rechts und links davon. Und geht mit ganz viel Kraft in diese eine Richtung. Und diese Kraft, also diese 2D-Figur, die dabei am Boden steht, die schlürft dann am Boden, die dreht sich nicht.
Der Kreisel dagegen produziert viel weniger Reibung, er ist wie im Flug. Und wir als Gesellschaft, wir sind sehr wissenschaftlich positivistisch eingestellt und gucken nur auf das, was die Leute sagen, die mühsam in eine Richtung ihre Figuren über den Boden ziehen. Und es kratzt dabei gewaltig. Und sie ziehen trotzdem an den Figuren weiter, in dieselbe Richtung immer weiter, weil es scheinbar muss.
Dabei versuchen wir als Menschheit, uns auf diesem imaginierten Brett auszubreiten. Versuchen wir, das uns bildlich vorzustellen: Eine Figur, ein Mensch, am Beginn seines Erkenntnisweges steht in der Mitte von der Tafel, und die Tafel verbreitet sich zu allen Enden unendlich weit, und der Mensch steht in der Mitte, die eigentlich gar nicht existieren könnte, weil die Tafel unendlich ist.
Aber er steht in irgendeinem Punkt auf dieser Lebenstafel, das passt sogar besser, weil jeder ist ja irgendwo hineingeboren, in bestimmte Verhältnisse, in bestimmten genetischen Vorlauf, und dann stehst er da an diesem Ort auf dieser unendlichen Tafel.
Und wenn wir uns im nächsten Schritt als die ganze Menschheit vorstellen, wie wir alle gemeinsam an so einem riesigen Ort stehen und unsere Figuren sind alle in der Mitte, nach außen gerichtet; was gar nicht geht, weil es ein riesiger Kreis werden müsste, außer die Figuren so winzig klein wären, dass man sie fast zu einem Punkt zusammenführen müsste, unsere acht Billionen Figuren. Und dann stehen wir also alle da. An einem Punkt, oder aber an mehreren Punkten, in großen Gruppen, die in ähnliche Verhältnisse hineingeboren wurden. Wir stehen in einem Team zusammen. An einem Punkt im Nichts, wo man nicht sagen kann, ob der Punkt gut oder schlecht ist, ein ist ein Sammelpunkt mit Blickrichtung Unendlichkeit. Und jetzt ist die Frage, wie wir uns alle ausbreiten wollen. Wenn wir alle kreiseln, bleiben wir reibungslos. Wir gleiten in verschiede Richtungen. Und diejenigen, die sich aber in eine starre Richtung kratzend über den Boden schleifen, die Bremsen dabei die ganze Bewegung. Während sie sich mühsam über den Boden schleppen, verstellen sie den anderen den Weg, die sich im Kreiseln gegen sie stoßen.
Man soll also um sich und anderer Willen sich drehen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Es ist traurig, wenn es von den anderen vorgegeben wird - du musst dich schleifen, das gibt es nämlich auch, aber wenn du selbst die Möglichkeit hast, und nur über diesen Fall rede ich, dass wenn man selbst die Möglichkeit hat zu entscheiden, nicht zu schleifen, sondern sich zu drehen, dann muss man sich drehen. Sonst ist es ein Vergehen gegen die Menschheit, wenn du nicht tust.
Ich habe selber gemerkt, wie mich das Schleifen erwischt hat. Nachdem ich aus dem Theater ausgetreten bin, wo ich schon lange im kratzenden Stillstand war, habe ich angefangen mich zu drehen, habe mich zu Beginn auch total mehrdimensional gefühlt, und bin dann Monate später an einem anderen flachen Punkt gelandet, im Grafikdesign und war eine Weile wieder nur das, nur die Designerin. Ich habe zwar nach außen gesagt, ja, ich bin Grafikdesignerin, und Autorin, und Regisseurin, und Bloggerin, aber das stimmte nicht. Ich habe mein Brot mit Grafikdesign verdient und bin das kopfüber reingestürzt, wie vorher ins Theate. Dabei hätte ich so viel tun können, aber ich habe eben nur das gemacht, und ich habe mich dabei zwar zwischendurch gedreht, gedreht, gedreht, aber landete immer wieder im neuen flachen Punkt. Ich wurde wieder zweidimensional. Das hat meinen Grafikdesignvisionen auch schlecht getan, weil ich mich so darauf versteift hatte. Mittlerweile suche ich langsam wieder raus, treffe neue Kunden, habe neue Ideen, investiere viel Zeit in mein Philosophiestudium, habe zwischendurch ein paar schöne Kammerlesungen und gestalte mein neues Dachbodenbüro. Und bei all dem versuche ich mir beizubringen, früher zu spüren, wann es zu kratzen beginnt. Damit ich wieder Anlauf nehme und mich auf das, was wirklich ist, umschaue.
Und ich wünsche mir, weil ich glaube, dass wir alle so sind; deswegen gehört ja zu der Grundbedürfnispyramide, dass irgendwo Richtung Selbstverwirklichung auf der Zwischenstufe noch die Hobbys liegen. Warum brauchen wir die Hobbys? Naja, weil wir uns dadurch ein bisschen drehen, und auch wenn wir sonst eine sehr scharfe Richtung haben, die Bewegung dahin fällt uns leichter durch die Hobbys, wir kreiseln leichter.
Gerade werden wir alle zusätzlich gefordert, weil die KI auf den Markt tritt. Sie kann zwar gerade nur banale Aufgaben übernehmen, aber es gibt eben genug banale Aufgaben, und das soll jetzt gar nicht gegen die einzelnen Leute gehen, ich weiß, es gibt ja auch Berufe und Lebenssituationen, wo man keine Wahl hat, und ich finde dafür sind diejenigen, die eine Wahl haben, umso mehr gefordert. Und sie sind zuständig, sich umzuschauen auf die, die keine Wahl haben und denen die Wahl geben. Nach dem Motto, ich kann mich gut drehen, ich habe die Wahl, okay, während ich mich also ganz toll dahindrehe, guck ich mal kurz zurück, gibt es jemanden dem ich vielleicht den Weg versperre, während ich mich drehe? Oder sind wir vielleicht sehr viele und drehen uns alle in dieselbe Richtung? Macht vielleicht bisschen Platz, wenn ihr seht, dass jemand schleift, weil ihr euch dreht. Oder wenn die Richtung zu voll ist, dreh dich im Sinne aller auf einer etwas anderen Achse davon weg.
Wir sind ja auch biologisch als 3D-Kreaturen erschaffen und sollen uns im 3D-Modus wahrnehmen und danach leben. Und unsere Seele, unser Inneres, lechzt danach, ausgelebt zu werden und Dinge zu sehen. Es ist aber auch wichtig, die Dinge nicht zwanghaft zu tun, ich bin zum Beispiel als Kind mit meinen Eltern sehr viel gereist, in sage und schreibe 44 Länder, und kann mich aber an vieles kaum erinnern, weil diese Reisen oft in einem Hop-On-Hop-Off-Touri-Modus waren, zumindest für mich als Kind. Mein Kreisel blieb kurz an diesen ganzen Zwischenhalten kurz stecken, und dreht sich dann aber gleich wieder weiter. Diese kurze Stockspur wurde dabei wieder verrieben. Dieser Halt wurde irrelevant. Diese Spur wurde ausradiert und vergessen.
Also sollen wir uns mehr und länger an derselben Sache herumdrehen, dass dort so eine kleine Mulde entsteht, und diese Mulde ebnet dann den weiteren Weg auf dem Lebensbrett. Und dann vielleicht wird unser Weg durch diese Mulde natürlich hervorgerufen, weil man sich dann eher an dieser Mulde entlang weiterdreht. Dann ist es auch gut. Vielleicht ist es energetisch der günstigste Weg, auf den uns diese Mulde einlädt.
Das Reiben ist jedenfalls immer das Schlimmste. Das habe ich übrigens auch festgestellt, dass wenn man in eine Richtung reibt, ist man verloren. Weil all die Leute, die wirklich was erreichen in einer bestimmten Richtung, sie drehen sich in den Mulden. Sie reiben nicht. Das Reiben bringt gar nichts. Man kommt sehr langsam voran, und unter der Figur kratzt es dabei fürchterlich. Und man merkt es oft nicht gleich. Und wenn man das dann merkt, wenn man sich dann umschaut und sieht, boah, ich bin so kurz gekommen.
Deswegen gibt es im Kino Method-Acting und im Theater nicht mehr, weil man im Kino noch versucht, diese Wahrhaftigkeit in den Nahaufnahmen, dafür muss man mehrdimensional an die Rollen herangehen, damit es wirkt.
Jedenfalls, das, was ich hier gerade assoziativ versuche abzuleiten, dem zugrunde liegt ein energetisches, ein im weiten Sinne physikalisches Gesetz, an den unsere Wissenschaft nicht glaubt, weil wir uns gerne in Einzelheiten und Details verrennen, statt tiefer zu blicken.
Die besten Erkenntnisse entstehen aber im Drehen. Bevor DNA-Kette gefunden wurde, wurde sie von einem philosophisch angehauchten Wissenschaftler wie ein Tanz der Moleküle beschrieben. Das nenne ich Denkraum geöffnet.
Diese naturwissenschaftlich-positivistische Denke, an der wir halten, muss dringend aufgelöst werden. Diese Experten-Denke ist gefährlich, sie schafft Deutungshoheiten, schließt die vermeintlichen Laien aus Diskursen aus, wo sie eine entscheidende Rolle spielen könnte, vielleicht gar den Durchbruch schaffen könnten, im vorbeidrehen wie im DNA-Tanz. Gerade schrecken wir Leute nur ab, sie wenden sich ab, sie sabotieren sich daraufhin selbst und denken, sie wären nicht genug, um an diesen Diskursen teilzunehmen.
Also ich glaube, wir brauchen mehr Anbindung aneinander. Also ganz ehrlich. In allem.
Da arbeiten zum Beispiel die Wissenschaftler an einem wichtigen Problem. Sie würden gerne herausfinden, wie man dies und das macht. Aber sie arbeiten nur miteinander im engsten Kreis. Sie fragen keinen von außen. Und ich habe oft gemerkt, wenn ich zum Beispiel als Theatermacherin den Laien, zum Beispiel einmal einer Schulklasse, Sachen gezeigt habe, die ich gemacht habe, welch wertvolles Feedback da rauskommen kann. Die Leute von außen, die keine Theaterleute waren, haben mir gesagt, sie hätten die eine Szene nicht verstanden. Die hat ihnen nichts gebracht. Und sobald ich das verständlicher gemacht habe, sobald ich runtergegangen bin mit meinem Ego, mit meiner sogenannten Spezialisierung, ging da plötzlich eine neue Welt auf.
Ganz ehrlich, wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht verstanden. Punkt aus.
Und mein Problem ist, dass es sehr vieles vorausgesetzt wird, bevor man überhaupt in manche Diskurse reinkommt. Und es könnte doch anders sein, deswegen gibt es am Markt als ein etabliertes Mittel das Brainstorming. Warum? Weil irgendwo die Leute durch Trial and Error gemerkt haben, dass es Sinn macht. Und deswegen heißt es ja so: ein Sturm im Gehirn. Gedankenerdbeben. Eine Naturkraft.
Und da gibt's aber noch etwas, was die Diskurse von innen heraus zerstört. Also auf diesem Lebensbrett stören uns die vielen Mulden, die vielen Striche, von den ganzen Dingen, die vor uns waren, die Wunden hinterlassen haben, weil man sich ganz lange ganz falsch versteift hatte.
Und ich glaube auch, also muss ich ehrlich sagen, also wenn du jetzt ein Linksliberaler bist, dann geh mal in einen Kreis mit sechs AfDlern und überzeuge sie mal, dass Putin nicht gut für Russland ist. Ich habe es nämlich einmal geschafft. Weil ich einfach gesagt habe, ich respektiere deine Meinung. Und lass uns mal reden. Ich erkläre dir das. Ich erkläre dir das als Russin, weil ich da gelebt habe, weil ich das System dort kenne.
Ich erkläre dir das. Gerne. Ich erkläre dir das nicht, weil du blöd bist oder falsch im Leben bist, sondern ich erkläre dir das, weil du es nicht weißt. Und ich weiß das. Und deswegen erkläre ich dir das, damit wir uns näher kommen. Aber ich erkläre das nicht aus der Perspektive von wegen, du hast die Welt nicht verstanden, sondern ich erkläre dir meine Perspektive im Drehen. So ganz sanft, im Drehen erkläre ich dir meine Perspektive und ich bringen dich zum Drehen mit mir.
Dann würden wir uns begegnen, beim Drehen. Ich drehe dich so ein bisschen in meine Richtung. Rein physikalisch, wenn ich dich drehe, würde ich mich im Uhrzeigersinn und du würdest dich im Gegen-Uhrzeigersinn drehen. Aber wir würden uns beide drehen. Wir würden dabei immer wieder an dem Punkt ankommen, wo wir uns treffen. Boah die Physik ist so toll. Sie erklärt das Leben. Die physikalischen Gesetze. Nimm das einfach mal. Mach eine Ideologie daraus. Wird funktionieren. Ist doch toll.
Aber gut, wir drehen uns. Wir drehen uns und wir berühren uns. Und vielleicht finde ich in meinem ganz entspannten Drehen eine Richtung, die dich mitzieht und folge ihr. Dabei drehe ich dich mit. Und du drehst dich gerne. Und wir drehen zusammen.
Wenn wir uns aber jetzt im Hass verhacken würden, würden wir nur den Boden zerkratzen und uns kein Nu weiter bewegen. Dann hinterlassen wir wieder Wunden in den gemeinsamen Boden, die nicht mehr ausgelöscht werden können, und wenn, dann bräuchte es viel Kraft.
Es gibt so eine Narbe für den jeden Krieg, der durch die ganzen Länder zieht. Wie so eine ganz eklige, krasse, tiefe Narbe, verwächst sich nur sehr schwer, wenn überhaupt. In Russland ist sie nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht verwachsen, und wird jetzt nur noch wieder wund gerieben.
Dort gibt es noch ganz viele Kränkungen wegen des Zweiten Weltkriegs, die nicht verarbeitet wurden. Also ist die Narbe ist falsch verwachsen. Jetzt müssen wir zusammen gucken, dass wir sie irgendwie wieder heilen. Als Impfung gegen die neuen Kriege.
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