Es gibt diesen Moment, da ist man raus.
Raus aus dem Flow, raus aus der Bewegung, raus aus dem natürlichen Drehen, wie ein Kreisel, der ins Stocken gerät. Und dann braucht es eine Kraft, um ihn wieder anzukurbeln. Eine kleine Kraft –
aber sie wird so oft unterschätzt.
Diese kleine Ankurbelkraft ist entscheidend. Im Persönlichen wie im Politischen.
Denn dieses Herausfallen passiert nicht nur im Alltag, es ist auch ein Zustand unserer Zeit. Wir Menschen sind – wie Max Scheler sagte – aus der Natur als Denkende herausgetreten und sehen uns nun vor einem Abgrund. Wir sind nicht mehr in Hypnose wie die Tiere, die einfach sind. Wir dagegen können uns selbst beobachten, reflektieren, uns unserer selbst bewusst werden, oder eben auch nicht.
Wenn wir nicht bewusst reagieren, handeln wir wie in Trance. Dann sind wir bloß Reiz-Reaktions-Wesen. Wie Tiere. Und doch eben nicht. Unser Bewusstseinsniveau schwankt, mal sind wir ganz klar und präsent, mal reagieren wir wie im Autopilot. Und genau diese Schwankungen machen uns menschlich.
Daraus ergibt sich ein Auftrag: Selbstbewusstsein ist also nicht nur ein Auftritt, sondern ein Akt. Ein Prozess.
Selbstbewusst sein heißt: sich seiner selbst bewusst sein. Heißt, sich zu spüren. Zu wissen, was man tut. Warum man es tut. Und ehrlich zu fragen: Warum wirklich?
Das erste Warum ist oft schnell da: Geld.
Und warum das? Sicherheit.
Und warum das? Familie versorgen.
Und warum das? Gesellschaftliche Anerkennung.
Und warum das?
Wie tief traue ich mich, in mich hinein durch die Kette der Warums zu graben? Irgendwo ganz tief liegen sie, unsere Werte, die uns quasi steuern – diffus, aber da.
Und genau deshalb geht es nicht um Werte, die wir uns plakativ auf die Fahne schreiben, sondern um die, die wir tatsächlich leben, oft unbewusst, aber dafür umso wirksamer.
Das hat auch Konsequenzen auf politischer Ebene. Jede Agenda, ob rechts oder links, verfolgt ein Ziel. Und auch wenn ich mich eher links von der Mitte aus verorte, weiß ich: Linkssein ist eine Agenda. Demokratie ist eine Agenda. Da liegt kein Wert darin automatisch begraben – der Wert entsteht erst in der gelebten Praxis.
Er entsteht dort, wo Menschen sich mit sich selbst und miteinander verbinden. Wo sie gemeinsam nach dem Warum fragen und bereit sind, ehrlich zu werden – mit sich und mit anderen.
Und hier kommt etwas ins Spiel, das oft unterschätzt wird: Unsere innere Haltung, unser Denken, unsere geistige Ausrichtung – sie sind nicht nur individuell bedeutend, sondern auch energetisch wirksam.
Was wir denken, wie wir denken, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, das hat Folgen. Nicht nur psychologisch, sondern auch auf einer energetischen Ebene.
Alte Traditionen wussten das. Und moderne Formate wie NLP, Meditation oder Visualisierungspraktiken versuchen, dieses Wissen in abgespeckter Form wieder aufleben zu lassen – nur mit einem anderen Vokabular.
Die Kraft der Gedanken ist keine esoterische Floskel, sondern eine energetische Realität: Wer ständig im fremdgesteuerten Widerstand ist, erschöpft sich. Wer dagegen im Kontakt mit seinem echten inneren Warum steht, hat Zugriff auf eine andere Art von Energie. Es geht also nicht darum, sich durchzusetzen um jeden Preis, sondern die Handlungen bewusst zu steuern. Es ist Selbstführung – mit innerem Kompass statt Daueranspannung.
Wenn eines dieser tieferen Warums dann da ist, entsteht ein innerer Schwung, ein natürlicher Antrieb, ein Flow, der sich fast wie von selbst entfaltet – und dabei nicht nur uns selbst, sondern auch unser Umfeld mitbewegt.
Und genau hier wird auch klar, warum Selbstbewusstsein auf Menschen so attraktiv wirkt. Nicht nur, weil jemand sich perfekt inszeniert, sondern weil dieser jemand ehrlich seiner selbst bewusst ist. Weil wir spüren, dass da jemand im Einklang mit seinen inneren Werten handelt. Wir müssen die Person nicht zwangsläufig mögen, wir können ihre Werte gar verabscheuen, aber wir werden trotzdem anerkennen, dass da jemand im Einklang mit sich selbst ist. Diese Ehrlichkeit strahlt aus. Sie wirkt auf andere. Und in einer Welt, in der so vieles unecht ist, ist das eine Seltenheit, die uns – egal mit welchem Vorzeichen - berührt. Umso wichtiger ist es, für das eigene Warum einzustehen, sonst reißen es diejenigen an sich, deren Werte gefährlich sein könnten.
Dabei müssen wir das alles nicht unbedingt verkopft-erwachsen machen. Das Graben in der Warum-Kette ist nicht nur logisch, sondern auch assoziativ und spielerisch. Manchmal ist das Kindische besser: mit Neugierde und peinlicher Ehrlichkeit – genau dort, wo’s ein bisschen reibt.
Denn wenn nämlich alle nur dorthin rennen, wo die Reibung am geringsten ist, bleibt der Ort leer, an dem Reibung eigentlich nötig wäre. Unsere Aufgabe ist es nicht, Reibung zu vermeiden, sondern sie zu erleichtern – dort, wo sie richtig ist.
Aber das funktioniert nur, wenn wir soweit ehrlich mit uns selbst sind, dass wir auch erkennen, wo diese Reibung für uns und andere nötig ist. Und warum.
Und noch etwas zeigt sich in diesem Licht ganz deutlich:
Weil unsere Gedanken energetisch wirksam sind, zerbrechen äußere, auf die Fahne geschriebene Werte an ihrer eigenen Hohlheit, wenn nichts Echtes dahintersteht.
Energie lügt nicht. Was nicht getragen ist von einem echten inneren Warum, hält dem Druck nicht stand. So fällt Fassade nach und nach in sich zusammen – nicht weil jemand sie angreift, sondern
weil sie sich selbst entleert.
Doch wenn wir diese kleine Ankurbelkraft in uns finden – in der Tiefe unserer Warums, im Vertrauen auf unser inneres Drehen – dann kommt die Bewegung wieder zurück.
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