Meine Tochter geht in die Waldorfschule, und ich merke immer wieder, wie anders das Lernen dort funktioniert. Es ist einfach viel mehr zum Anfassen. Dinge werden durchspürt. Und ich sehe, wie schnell und gut sie lesen, schreiben und rechnen lernt. Vor allem: Sie versteht wirklich, was sie tut.
Besonders Mathe. Mathe!
Keine Tabellen auswendig lernen, keine Lernblätter und ewig langen Hausaufgaben, an denen man abends gemeinsam verzweifelt, sondern einfach Mathe mit dem ganzen Körper begreifen.
Bei einem Elternabend durften wir das mal selbst ausprobieren. Wir standen alle im Kreis, jeder bekam eine Zahl von 0 bis 9 zugewiesen. Dann ging’s los: Wir haben uns die 3er-Reihe vorgenommen. Wir sollten dabei das Seil einander weiterreichen und es gemeinsam an den Eckpunkten halten.
3 mal 1 ist 3 – das Seil wurde von der 3 festgehalten.
3 mal 2 ist 6 – also weitergereicht zur 6. Jetzt halten beide das Seil.
3 mal 3 ist 9 – Seil zur 9.
Und sobald wir zu den zweistelligen Zahlen kamen, wurde einfach die letzte Ziffer genommen.
Also bei 3 mal 4, das ist 12 (duh!), landet das Seil bei der 2.
Und so weiter bis 30.
Am Ende hatte sich das Seil zu einem richtig schönen Stern gespannt. Selbst Erwachsene haben nicht schlecht gestaunt. Nicht nur, weil es schön aussah. Weil es Sinn ergab.

Wenn man die 5er-Reihe so machen würde, dacht ich, ginge das Seil immer nur zwischen der 5 und der 0 hin und her und würde eine Linie bilden. Toll. Lange nicht mehr darüber nachgedacht, wie elegant Mathe sein kann.
Einmal hatten die Kinder 40 leere Eierkartons in der Klasse stehen. Jeder Karton hätte Platz für zehn Eier – da stand plötzlich ganz greifbar vor ihnen, was die Zahl 400 tatsächlich haptisch bedeutet. Ein Monument des Zehner-Systems.
Ich sehe, wie meine Tochter ein Gefühl für Zahlen entwickelt.
Wie sie merkt: Zahlen sind keine Feinde. Keine Hürden.
Sie sind Formen, Wege, Muster – und manchmal sogar Sterne.
Und genau so soll erlebrnen sein.
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